Schwestern vom Guten Hirten,
St. Gabriel, München
Die Kongregation der „Schwestern vom Guten Hirten“ (RGS)
wurde 1835 in Frankreich gegründet. Sie hat ihren Ursprung im Orden
„Unserer Frau von der Liebe“, der durch die Initiative des
französischen Volksmissionars Jean Eudes (1601-1680) entstand. Nach der französischen
Revolution breitete sie sich unter der Leitung der Generaloberin Schwester Maria
Euphrasia Pelletier (1796-1868) in Europa und in Übersee aus. Das Neue bei
Sr. M. Euphrasia war, dass sie nach vielen Schwierigkeiten die bisher einzelnen
autonomen Klöster unter der Leitung eines Generalates verband.
Schwester Maria Euphrasia Pelletier starb am 24. April
1868 in Angers und wurde 1940 von Papst Pius XII. heiliggesprochen
Das Mutterhaus des Ordens befindet
sich in Angers (Frankreich), das Generalat in Rom.
Zur Kongregation der Schwestern vom Guten
Hirten gehören rund 5.000 Schwestern
in 75 Ländern der Erde.
Zahlreiche MitarbeiterInnen, viele Freundeskreise und assoziierte Laien
unterstützen die Arbeit des Ordens.
Am 09. November 1840 wurde die erste Niederlassung der Schwestern vom
Guten Hirten in Deutschland gegründet, und zwar in
München-Haidhausen. Erste Oberin war Sr. M. Jean de la Croix David, eine
langjährige Vertraute von Sr. M. Euphrasia Pelletier.
Wegbereiter waren die Regensburgerin Amalie von Baligand, der Regensburger
Bischof Franz-Xaver von Schwäbl und König Ludwig I.
Amalie von Baligand trat mit 22 Jahren in das
Kloster der Frauen vom Guten Hirten in Angers ein. Bald danach wandte sich der
Regensburger Bischof Franz Xaver von Schwäbl nach Angers an Sr. M.
Euphrasia Pelletier mit der Bitte um eine Klostergründung in Bayern. Das
Ministerium des Innern genehmigte als Vertretung des Königs eine solche
Gründung. Das Haus sollte in Niederviehbach, Bistum Regensburg entstehen.
Im Verlauf der Überlegungen und Verhandlungen kamen die Beteiligten zur
Erkenntnis: Der richtige Standort für ein solches Haus ist Bayerns Metropole
München, dort wird es nicht nur dringend benötigt, auch die Finanzierung, Ausbildung
sowie die Betreuungsmöglichkeiten sind gesicherter und besser als in einer ländlichen
Umgebung. Bischof von Schwäble, der viel Zeit, Mühe und Herzblut in die
Gründung investiert hatte, akzeptierte die Entscheidung Ludwigs I. mit den
Worten: “Das Reich Gottes ist durch eine Diözese nicht begrenzt!“
König Ludwig I. hatte den Schwestern das seit Beginn des 19.
Jahrhunderts nicht mehr bewohnte Preysingschlösschen in Haidhausen zur Verfügung
gestellt. Nach und nach wurden auf dem Gelände die erforderlichen
Räumlichkeiten für ein Kloster und Häuser für die Unterbringung der zu
betreuenden Mädchen und Frauen errichtet. 1841 wurde in der neu erbauten
Klosterkirche die von Papst Pius VII. empfohlene Maiandacht als erste
Maiandacht auf deutschem Boden gefeiert.
Bis 1847 war bereits eine ansehnliche Klosteranlage entstanden. Das
Schloss verschwand ganz.
1928 wurde ein Seminar für „Jugendwohlfahrt
und Anstaltserziehung“ zur Ausbildung der Schwestern eröffnet. 1930 lebten im
Kloster vom Guten Hirten 128 Schwestern und 275 Betreute.
Nach dem zweiten Weltkrieg nahmen die
Schwestern die erzieherische Tätigkeit in der früher bewährten Form wieder auf.
In den 50er Jahren wurden überall in Deutschland die großen Häuser vom Guten
Hirten umstrukturiert und das Gruppensystem eingeführt.
Mit dem Aufkommen der außerparlamentarischen Opposition (APO) und den
Studentenrevolten veränderte sich auch die Heimerziehung. Eine emanzipatorische
Jugendarbeit war angesagt, die die Heimerziehung in der bisherigen Form in
Frage stellte.
Die Gebäude in der Preysingstraße entsprachen diesen Anforderungen
nicht und konnten auch nicht so umfunktioniert werden, dass sie Raum für
individuelle Erziehung boten.
Der damalige Münchener Erzbischof Kardinal Joseph Wendel legte
den Schwestern nahe, aus dem alten Haus in der Preysingstraße auszuziehen und
am Stadtrand neu zu bauen.
Nach längeren Verhandlungen zwischen dem Erzbischöflichen Ordinariat
und den Schwestern von Warnberg konnte von diesen ein 7 Hektar großes
Grundstück an der Wolfratshauser Straße (B11) erworben werden. Das Gelände in
der Preysingstraße wurde vom Ordinariat übernommen.
Nach zweijähriger Bauzeit entstand unter der Planung der Architekten
Wilhelm und Norbert Gärtner die Großanlage St. Gabriel mit 7 Gruppenhäusern,
den erforderlichen Lehr- und Ausbildungsstätten, Schulräumen und
Freizeitangeboten wie beispielsweisen einem Turn- und Festsaal sowie einem
Hallenschwimmbad. Dazu kamen die Kirche und das Kloster, in dem 120 Schwestern
untergebracht werden konnten. Die Gebäude wurden in dem damals modernen
Pavillonstil errichtet.
Die gesamte Planung der Einrichtung lag in den Händen der damaligen
Provinzoberin Sr. M. Viktoria Fiereder und der Hausoberin Sr. M. Angelika
Kronenberger. Im Oktober 1965 zogen 70 Schwestern, 18 Novizinnen
und Postulantinnen und ca. 170 Jugendliche in St. Gabriel ein. In den sieben Gruppenhäusern
der Jugendlichen gab es Raum für 13 Gruppen mit jeweils 13-14 Plätzen, darunter
zwei Gruppen für insgesamt 30 jugendliche Mütter und ihre Kinder.
Herr Kardinal Julius Döpfner kam am 29. Oktober
zur Hausweihe und am 30. Oktober 1965 zur Weihe der Klosterkirche REGINA ANGELORUM
(Patrozinium am 22. August).
In der Jugendhilfeeinrichtung St. Gabriel wurde von Anfang an ein neues
erzieherisches Konzept installiert, und zwar weg von der ehemaligen
„Kasernisierung“ der Heimerziehung hin zu Individualpädagogik mit
psychologischen und sonderpädagogischen Hilfen.
Abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung waren wesentliche Faktoren des
Erziehungskonzeptes. Deshalb wurden zusätzliche Schultypen und Klassenstufen
errichtet, nämlich eine 3jährige Wirtschaftsschule mit Abschluss der mittleren
Reife. In der Hauptschule war der qualifizierende Abschluss möglich. Die
Angebote der ehemals üblichen Ausbildungsstätten wie Hauswirtschaft,
Schneiderei, Wäscherei etc. wurden modernisiert und erweitert durch die
Möglichkeit, eine Friseurausbildung zu absolvieren oder eine Modistinnenlehre
zu beginnen. Auch Sport und andere Freizeitangebote spielten eine wichtige
Rolle.
Als Folge des gesellschaftlichen Wandels und die seit den 70er Jahren
beginnenden Unruhen gingen die Heimeinweisungen zurück. Es zeigten sich aber
auch neue Notlagen, die neue Antworten erforderten.
Die Schwestern fühlten sich durch die Diskussion über § 218 und die
damit verbundene Abtreibungspraxis aufgerufen, schwangeren Frauen Hilfe
anzubieten. Im März 1973 wurden 2 Gruppen für Jugendliche
geschlossen und stattdessen für 15 alleinerziehende Mütter mit Kindern ein Haus
eingerichtet, in dem sie Hilfe und Unterstützung finden konnten.
Zu Beginn der achtziger Jahre entstand in München eine große
Wohnungsnot für Universitäts-studentinnen. St. Gabriel stellte damals 2
Gruppenwohnungen für Studentinnen zur Verfügung.
Im Sommer 1986 begann mit der Verabschiedung der Bayerischen
Heimrichtlinien im Bereich der Heimerziehung eine entscheidende
Neuorientierung: Die bisherige Form des „Erziehungsheimes“ gab es nicht mehr.
Für die in St. Gabriel aufgenommenen Jugendlichen kam als adäquate Hilfe nur
ein Heilpädagogisches Heim mit kleineren Gruppen und personalintensiverer
Betreuung in Frage.
Nach vielen Überlegungen wurde 1989 ein Jugendhilfewerk vom
Guten Hirten gegründet, das sich aber nicht bewährte.
1991 wurden
vier Häuser an andere Rechtsträger im sozial-caritativen
Bereich vermietet, drei Häuser für Frauen, Mütter und Kinder blieben in der
Trägerschaft der Schwestern vom Guten Hirten.
Im Frühjahr 2000 wurde in der Stadt München
ein Träger für eine Babyklappe gesucht. Sr. M. Daniela sah die Ausschreibung in der Zeitung
und die Schwestern vom Guten Hirten setzten sich umgehend mit der Stadt München
in Verbindung. Noch im gleichen Jahr wurde die Lebenspforte ins Leben
gerufen und am 6.10.2001 von Pfarrer Baumann eingeweiht. Bis zum Jahr 2023
wurden insgesamt 13 Kinder in der Lebenspforte abgelegt.
Anfang 2001 wurde ebenfalls von Sr. M. Daniela
das Haus Mirjam gegründet. Hier können seitdem 8 Frauen aufgenommen werden. Zu
Beginn bestand hier die Möglichkeit, Mütter mit ihren Kindern aufzunehmen, nach
rund 5 Jahren wurde entschieden, dass im Haus Mirjam nur Mütter ohne Kinder
leben dürfen. Es entwickelte sich zu einer Wohngemeinschaft für Frauen in
akuter Not mit längerer Verweildauer. Hier können nun auf unbürokratische Art
und Weise Frauen dabei unterstützt werden, im Leben wieder Fuß zu fassen,
beispielsweise eine Ausbildung zu beginnen oder wieder zu sich selbst zu
finden. Bis zum Jahr 2023 haben rund 100 Frauen hier eine Zuflucht gefunden.
Seit 2005
gibt es eine Kinderkrippe unter der Trägerschaft von St. Gabriel, die von der
Landeshauptstadt München gefördert wird und die aus der Krabbelgruppe, in die
unsere alleinerziehenden Mütter ihre Kinder bringen konnten, weiterentwickelt
wurde.
Im Jahr 2010 konnte zudem unter der Trägerschaft von St. Gabriel und
finanzieller Förderung der Gemeinde Pullach ein Kinderhaus gegründet werden, in
dem Kinder im Alter von 1 bis 6 Jahren aus der Gemeinde Pullach aufgenommen und
individuell gefördert werden.
Zum 1. Januar 2023 wurde im Zuge der Weiterentwicklung von St. Gabriel die Guter
Hirte St. Gabriel München gGmbH gegründet, in die die sozialen Einrichtungen überführt
wurden, um das soziale Erbe der Schwestern vom Guten Hirten dauerhaft weiterführen
zu können.
Im Kloster St. Gabriel leben weiterhin die Schwestern
vom Guten Hirten, davon einige auf der hausinternen Pflegestation des
ordenseigenen Altenheimes. Alle Schwestern setzen sich auch heute noch, ihrer
Möglichkeiten entsprechend, vereinzelt im Apostolat der sozialen Einrichtung
St. Gabriel oder im Schwesternbereich ein.